Globale Gesundheit spielt in den Wahlprogrammen kaum eine Rolle

Als medmissio engagieren wir uns weltweit in der Entwicklungszusammenarbeit und setzen uns für das Menschenrecht auf Gesundheit ein. Unsere Arbeit umfasst medizinische Tätigkeiten und die Unterstützung von Partnern im Globalen Süden, aber auch Initiativen in Deutschland zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Migrant*innen. Zudem treten wir im politischen Raum für das Menschenrecht auf Gesundheit ein und setzen uns für die planetare Gesundheit sowie christliche Werte der Nächstenliebe ein.

Mit diesem Hintergrund haben wir die Wahlprogramme der im Bundestag vertretenen Parteien analysiert und möchten unsere Einschätzung zu deren Positionen in zentralen Bereichen teilen.

Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe

Wir begrüßen ausdrücklich Programme, die sich für eine Stärkung der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe aussprechen. Angesichts globaler Herausforderungen wie Epidemien, Kriegen und dem Klimawandel ist es entscheidend, dass Deutschland seiner internationalen Verantwortung gerecht wird. Besonders hervorzuheben ist das Bekenntnis zu einem eigenständigen Entwicklungsministerium. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass eine Integration in das Außenministerium die Qualität und Quantität der Entwicklungszusammenarbeit mindern kann. Ebenso begrüßen wir Zusagen, mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen, wie es bereits 1970 auf UN-Ebene vereinbart wurde.

Agenda 2030 und Nachhaltigkeit

Die Agenda 2030 mit ihren Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) muss die Leitlinie deutschen politischen Handelns bleiben. Wahlprogramme, die diese Verpflichtung unterstreichen, tragen dazu bei, eine gerechtere und gesündere Welt zu gestalten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Bereitstellung von Mitteln für Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen in den Ländern des Globalen Südens.

Humanitäre Flucht- und Migrationspolitik

Wir sprechen uns entschieden gegen Wahlprogramme aus, die eine Beschneidung der humanitären Flucht- und Migrationspolitik fordern. Eine menschenwürdige Gesundheitsversorgung muss auch für Geflüchtete und Migrant*innen gewährleistet sein. Aussagen, die den universellen Zugang zur Gesundheitsversorgung in Frage stellen, widersprechen dem Menschenrecht auf Gesundheit und unserer eigenen Arbeitserfahrung.

Kritik an vernachlässigten Themen

Trotz der Lehren aus der COVID-19-Pandemie spielt Globale Gesundheit in den meisten Wahlprogrammen eine untergeordnete Rolle oder wird gar nicht erst erwähnt. Dies ist alarmierend, da resiliente Gesundheitssysteme und eine funktionierende globale Gesundheitsarchitektur unerlässlich sind, um zukünftigen Pandemien wirksam begegnen zu können. Wir fordern daher eine stärkere Berücksichtigung dieses Themas in der politischen Agenda.

Ablehnung von NGO-feindlicher Rhetorik

Wir verurteilen entschieden jede Form der Diffamierung von Nichtregierungsorganisationen. Pauschale Anschuldigungen, die NGOs in eine extremistische Ecke drängen und ihre staatliche Finanzierung infrage stellen, sind gefährlich für die Demokratie und vergiften den politischen Diskurs. Entwicklungszusammenarbeit auf Augenhöhe mit Partnern im Globalen Süden hat sich als wirksam erwiesen. Deswegen wenden wir uns gegen Wahlprogramme, die finanzielle Kürzungen in diesem Bereich fordern oder eine Verengung auf nationale Interessen propagieren.

Globale Verantwortung

Wir fordern die Bundestagsparteien auf, sich klar zur Entwicklungszusammenarbeit, globalen Gesundheit und humanitären Werten zu bekennen. Eine zukunftsfähige Politik muss internationale Verantwortung übernehmen, den Klimaschutz stärken und solidarisch mit den Schwächsten sein. Nur so kann Deutschland seiner globalen Verantwortung gerecht werden und zu einer gerechteren Welt beitragen.

Tilman Rüppel